antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com
Search haGalil

Newsletter abonnieren
 
 
 

 

Regionalgeschichte:
Die jüdische Arztfamilie Levi in Pfalzgrafenweiler

Im Jahre 2001 war Sanitätsarzt Dr. Julius Levi 100 Jahre Ehrenbürger von Pfalzgrafenweiler, einer Gemeinde etwa 70 km südlich von Stuttgart. Für Andreas Hirling war dies der Anlass, das Schicksal der Familie, auf die er rein zufällig gestoßen ist, genauer zu recherchieren. Für seine Bemühungen erhielt er 2002 den Landespreis für Heimatforschung. Mittlerweile liegt sein Buch "Leben für die Gemeinde" vor, eine detaillierte Arbeit zur Orts- und Regionalgeschichte und gleichzeitig ein Stück Vergangenheitsbewältigung.

Eingebettet in die Geschichte der Juden in Württemberg und der Gemeinde Pfalzgrafenweiler im "Dritten Reich" zeichnet Hirling das Schicksal der Levis nach. Als Julius Levi 1937 im Alter von 86 Jahren verstarb und der damalige Pfarrverweser Sihler die Kirchenglocken während des Trauerzuges läuten ließ, titelte die nationalsozialistische Hetzzeitung "Flammenzeichen": "Evangelisches Grabgeläute für einen Juden!" Die Teilnehmer des Trauerzuges mussten sich daraufhin teilweise im Rathaus rechtfertigen.


Sanitätsarzt Dr. Julius Levi und Ernestine Levi
im Jahr 1914

Das Ehepaar Levi hatte insgesamt 18 Kinder, allerdings erreichten nur neun das Erwachsenenalter. Fünf von ihnen wurden Opfer des Nationalsozialismus. Max Levi war behindert und wurde wahrscheinlich im Rahmen des Euthanasieprogramms umgebracht. Erich, Clara und Josefine Levi sind nach Polen deportiert und in Konzentrationslagern umgebracht worden. Adolf Levi war, nachdem ihm die Approbation entzogen worden war, als sog. "Behandler" in einem Krankenlager für Zwangsarbeiter, bei einem englischen Tieffliegerangriff ums Leben gekommen.

Zahlreiche Hinweise deuten darauf, dass die Bürger der Gemeinde den Levis die Treue hielten und sie in schwerer Zeit unterstützten. Dennoch war Pfalzgrafenweiler keine 'Insel der Glückseligen'. Auch hier gab es sämtliche antisemitische Repressalien: Boykott, Judensternverordnung, Schwimmbadverbot, gekürzte Lebensmittelkarten, Wohnungsübernahme, Deportation, Enteignung, das Tragen der jüdischen Vornamen Sara oder Israel, Ausschluss aus Vereinen und vieles mehr, die Andreas Hirling ausführlich dokumentiert.


Die Familie Levi, ca. 1910, vor dem Rathaus in Pfalzgrafenweiler

Auch die Geschichte Pfalzgrafenweilers im "Dritten Reich" findet in Andreas Hirlings Buch Eingang, wenn auch in Form von "Mosaiksteinen, die einen groben Überblick und Anregungen für weitere Forschungen geben sollen". Hirling dokumentiert die Wahlergebnisse, Gleichschaltung des Gemeinderates und öffentliche Ereignisse, wie beispielsweise die Einweihung des "Adolf-Hitler-Brunnens" im September 1933.


"Sieghaft wie eine uneinnehmbare Festung steht der Brunnenstock da, so wie Adolf Hitler als Führer im Volke."

Andreas Hirling hat mit seinem engagierten Vorgehen ein bemerkenswertes Beispiel gesetzt, das zeigt, wie Engagement dazu beitragen kann, das Schicksal Einzelner nicht dem Vergessen anheim fallen zu lassen, "Schicksale von Menschen, die einmal wirklich gelebt haben, die unsere Nachbarn und Mitmenschen waren."

Andreas Hirling: Leben für die Gemeinde. Das Schicksal der jüdischen Arztfamilie Levi in Pfalzgrafenweiler
Verlag Sindlinger-Buchartz, ISBN 3-928812-32-7
Euro 12,50

al / hagalil.com 13-05-04











 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2014 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved

ehem. IDPS (Israeli Data Presenting Services) Kirjath haJowel, Jerusalem