
Edward van Voolen:
Jüdische Kunst und Kultur
Prestel Verlag 2006
Euro 49,95
Bestellen?
|
Edward van Voolen:
Jüdische Kunst und Kultur
Von Andrea Livnat
Zuerst einmal, dieses Buch ist wunderschön! Es durchzublättern, zu
lesen, zu schmökern, zu betrachten, ist eine wahre Freude. Mit 193
farbigen, meist großformatigen Abbildungen ist dieses vom Prestel Verlag
herausgegebene Werk ein optischer Festschmaus.
Edward van Voolen, Kunsthistoriker, Kurator am Joods Historisch Museum
Amsterdam und Rabbiner, führt den Leser in die Welt der jüdischen Kunst
und Kultur ein und untersucht deren Beitrag zu den bildenden Künsten
seit der Zeitwende bis in die Gegenwart. Er zeigt dadurch, dass die weit
verbreitete Ansicht, das Judentum würde bildliche Darstellungen nicht
erlauben, nicht haltbar ist.

Mosaikfußboden, Beth Alpha Synagoge, Israel, 6. Jahrhundert. Detail mit
der Fesselung Isaaks.
Das Buch ist in vier große Kapitel gegliedert. Im ersten Teil, "Das
Bild des Judentums", geht van Voolen anhand von Buchillustrationen und
Synagogenausschmückung den Grundlagen jüdischer Kunst in Mittelalter und
früher Neuzeit nach. "Jüdische Emanzipation und Jüdische Kunst" stellt
jüdische Künstler und deren Beitrag vor dem Hintergrund der Emanzipation
vom 19. Jahrhundert bis zum Beginn des 2. Weltkriegs vor. Der dritte
Teil ist dem Holocaust und dem Gedenken gewidmet, von Jacques Lipchitz
Skulptur "David und Goliath" von 1933 bis zum Entwurf Moshe Safdies für
das neue Holocaust Museum in Yad Vashem 2005. Der letzte Teil widmet
sich schließlich der "Jüdischen Kunst in der modernen Welt".

Jacques Lipchitz, David und Goliath, 1933
Die Stärke dieses Werkes ist zugleich seine Schwäche. Der
Ansatz van Voolens, jeweils einen Künstler mit einem, manchmal auch zwei
seiner Werke vorzustellen und daran seine Thesen deutlich zu machen, ist
einerseits gerade für den Laien eine optimale Einführung in die Welt der
jüdischen Kunst, ihre Vertreter, aber auch in die Frage, was ist
überhaupt "jüdische Kunst" oder gibt es eine "jüdische Kunst"?
Auch die ausführliche Einleitung widmet sich diesen Fragen und führt
den Leser, vor allem den nicht-jüdischen Leser, in die Grundlagen
jüdischer Geschichte und Kultur ein.
Andererseits birgt diese Auswahl natürlich auch eine sehr subjektive
Sicht auf jüdische Kunst, was beispielsweise an der Überrepräsentierung
amerikanischer zeitgenössischer Künstler zu spüren ist. Auch die
Aufnahme Frida Kahlos in den Band erscheint überflüssig, hat sie sich
doch abgesehen von dem im Band aufgeführten Stammbaum nicht mit ihrer
jüdischen Identität beschäftigt.
Während van Voolen die Problematik des "Jüdischen" im Werk
verschiedener Künstler an manchen Stellen exzellent hervorarbeitet, wie
etwa bei Soutine und seinen Schlachtfleisch-Stilleben, bleibt er an
anderer Stelle verhalten, teilweise bleibt die Zuordnung zur "jüdischen
Kunst" jenseits der "halachischen" fraglich, wie etwa bei Nan Goldin.

Chaim Soutine, Geschlachteter Ochse, um 1925
Dennoch, der Band ist eine wunderbare Einführung in die jüdische Kunst
und hält auch für Kenner noch einiges bereit, was so immer wieder zum
Blättern und Schmökern einlädt.
hagalil.com
05-08-07 |