Mario R. Dederichs:
Heydrich. Das Gesicht des Bösen
Piper Verlag 2005
Euro 19,90
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Mario R. Dederichs:
Heydrich - Das Gesicht des Bösen
Von Julia Wolf
Er war musikalisch. Wie Händel. Sein Vater war
Konservatoriumsdirektor und er spielte verschiedene Instrumente nahezu
perfekt. Er war politisch engagiert. Wie Genscher. Er war sportlich. Wie
Cierpinski. Er war deutscher Fecht- und Reitmeister und hatte das "EK
II" für besondere fliegerische Leistungen. "Er", das ist Reinhard
Heydrich, geboren und aufgewachsen in Halle an der Saale, mehr verband
ihn allerdings nicht mit unserer Stadt, scheint ja auf den ersten Blick
ein vielseitig begabter und strebsamer Mann gewesen zu sein. Das war er
auch. Doch tut ein zweiter Blick in Heydrichs Richtung Not.
Denn bei genauerer Betrachtung des Lebens dieses Mannes
kann einem ganz anders zu Mute werden. Menschenverachtend, brutal und
kaltherzig, so beschreibt ihn sein Biograph Mario R. Dederichs in seinem
Buch "Heydrich- Das Gesicht des Bösen". Doch warum erzeugt der Gedanke
an diesen Menschen solch extrem gegensätzliche Äußerungen?
Er war einfach beides: Der gesellschaftlich- kulturell
Interessierte und Engagierte, und auf der anderen Seite Chef des
Sicherheitsdienstes und Leiter des Protektorates Böhmen und Mähren im
"Dritten Reich". Seine "Spezialität" war es, sowohl Parteigenossen
innerhalb der NSDAP, als auch politische, wirtschaftliche und
ideologische Feinde zu bespitzeln, Informationen zu sammeln und diese
gegebenenfalls gegen die "Feinde des Reichs" gezielt einzusetzen.
Heydrich gelang es in kurzer Zeit, unter direktem Befehl
des "Reichsführer SS" Heinrich Himmler, aus einem kleinen, gerade mal 12
Mann, ein paar Tischen und einer alten, klapprigen Schreibmaschine
bestehenden parteiinternen "Nachrichtendienst" seit 1931 einen
gewaltigen, ganz Deutschland umfassenden Geheimdienst auf die Beine zu
stellen. Heydrich erlebte eine steile Karriere innerhalb des NS-Regimes
vom einfachen Parteimitglied mit der Nr. 10025 zu einem der mächtigsten
Männer im "Dritten Reich".
Er war es auch, der von Hitler den Befehl zur Planung
und Durchführung zum Tode von Millionen von Menschen in
Konzentrationslagern, erhielt und ausführte. "Heydrich war der fähigste
und fanatischste Vollstrecker des rassistischen Regimes", kommentiert
ein Zeitzeuge Heydrich in dessen Biographie.
Mario R. Dederichs gibt in seinem Buch gerade auch
Opfern die Möglichkeit über längst Vergangenes, und auch über oft
verdrängtes Leid zu sprechen es somit für spätere Generationen zu
bewahren. Für "Einsteiger" und "Fortgeschrittene" in der Geschichte
bietet dieses Buch ein gutes Basiswissen an historischen Geschehnissen
und aktuellen Erkenntnissen der Forschung in dieser Thematik. "Kenner"
wird dieses Buch etwas stutzen lassen. Es zeigt sich auch in diesem
Buch, wie in vielen anderen historischen Werken auch, das die gesamte
Quellenlage nur sehr spärlich ist und der Autor oftmals diesen Mangel an
fundierten Material durch, allerdings nicht ganz uninteressante
Informationen rund um die "Institution" Heydrich ergänzen muss. Denn
neben den Quellen, werden auch die Zeitzeugen nicht mehr.
Durch eine kritische "Präsentation" des näheren Umfelds
dieses Mannes, zum Beispiel seiner untergebenen Handlanger oder auch
seiner Ehefrau Lina Heydrich, geborene von Osten, gelingt es Dederichs
trotz besagten Mangels, Heydrich von allen Seiten eingehend zu
betrachten. So zeigt er uns den freundlichen, strebsamen,
kulturinteressierten, musikalischen Menschen Heydrich und er zeigt das
Böse, einen eiskalten, skrupellosen, willkürlichen, brutalen und
grausamen Mörder, der Millionen von Menschen in ganz Europa das Leben
nahm.
hagalil.com
29-06-05 |