Reiseführer:
Jüdisches Budapest
Von Karl Pfeifer
Der Wiener Mandelbaum Verlag hat einen deutsch- und
englischsprachigen Stadtführer über das jüdische Budapest herausgegeben.
Einst nannte Wiens christlich-sozialer Bürgermeister Karl Lueger diese
schöne Stadt "Judapest", weil ein Viertel seiner Einwohner Juden waren, die
damals einen wesentlichen Beitrag zum Blühen der Stadt leisteten.
Tatsächlich ist es Julia Kaldori gelungen die wechselhafte
Geschichte der Juden in Budapest und das seit der Wende 1989 wieder
pulsierende jüdische Leben kurz und bündig zu beschreiben.
Das Buch wird mit einem witzigen und doch melancholischen
Vorwort von György Dalos eingeleitet, der zwar die kleine Renaissance
jüdischen Lebens bemerkt, jedoch feststellen muss, das Judentum seiner
Kindheit existiert ebenso wie die Stadt der Vorkriegszeit "nur noch als
Schattendasein".
Ich las dieses Taschenbuch mit einem lachenden und einem
weinenden Auge, beeindruckt vom jüdischen Leben und Kulturschaffen,
gleichzeitig an die Zeit denkend, die ich von 1939 bis Anfang 1943 in
Budapest verbrachte und an meinen Vater, der zwei Tage nach der Befreiung
durch die Rote Armee starb und in einem Massengrab verscharrt wurde.
Im Buch findet man eine Vielzahl von Informationen über
die Geschichte, die Architektur und auch über das gegenwärtige jüdische
Leben in seinen vielen Facetten. In einem irrt Julia Kaldori, wenn sie
schreibt, am 19. März 1944 "wurde Ungarn von der Wehrmacht besetzt, eine
Reihe restriktiver antijüdischer Gesetze waren die direkte Folge."
Diese antijüdischen Gesetze wurden bereits 1938/39 und
1943 beschlossen, zum Teil mit Zustimmung der Kirchenfürsten. Die
ungarischen Behörden haben nach der deutschen Besetzung oft genug im
vorauseilenden Gehorsam Maßnahmen gegen Juden ergriffen, die noch gar nicht
verordnet waren.
Horthy gab seine Zustimmung zur Deportation der Juden aus
der Provinz, verhinderte aber wie die Autorin richtig bemerkt, nicht aus
judenfreundlichen Motiven – nachdem die Alliierten, die neutralen Länder und
der Vatikan intervenierten – die Deportation der Juden Budapests am 7. Juli
1944.
Leider gibt es in Ungarn auch heute einen sehr aktiven
expliziten und impliziten Antisemitismus, traurig ist, dass diese
Leidenschaft einen Teil der gebildeten Schicht auszeichnet.
Budapest ist eine der schönsten Städte Europas und mit
Prag eines der beliebtesten Reiseziele für jüdischen Städtetourismus.
Wer das jüdische Budapest kennen lernen will, dem ist
dieses handliche Taschenbuch – dem andere Reiseführer wie das über das
jüdische Prag folgen sollen – empfohlen.
hagalil.com
28-11-04 |