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Götz Aly:
Hitlers Volksstaat.
Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus

Fischer Tb 2006
Euro 9,95

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Götz Aly (Hrsg.):
Volkes Stimme.
Skepsis und Führervertrauen im Nationalsozialismus

Fischer Tb 2006
Euro 12,95

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Götz Aly:
Hitlers Volksstaat und Volkes Stimme

Zwei Rezensionen von Karl Pfeifer

Götz Aly postuliert in seinem Buch "Hitlers Volksstaat", das jetzt auch als Taschenbuch erschien: "Wer von den Vorteilen für die Millionen einfacher Deutscher nicht reden will, der sollte vom Nationalsozialismus und vom Holocaust schweigen."

Man könnte diesen Satz umkehren und sagen, weil so viele Mitglieder der deutsch-österreichischen Volksgemeinschaft vom Raub, Rassenkrieg und NS-Regime profitiert haben, neigt die Mehrheit noch heute dazu vom Holocaust zu schweigen und äußern sogar einige – in Österreich auch Politiker – Nostalgie.

In seinem Buch dokumentiert Aly einerseits die Methoden des Raubs andererseits die sozialpolitischen Wohltaten, die gute Versorgung und die kleinen Steuergeschenke. Er zitiert einen deutschen Juden, der als britischer Offizier 1945 nach Köln kam und überrascht wurde: "Die Leute entsprechen der Zerstörung nicht. Sie sahen gut aus, rosig, munter, gepflegt und recht gut gekleidet. Ein ökonomisches System, das von Millionen fremder Hände und mit dem Raube des ganzen Erdteiles bis zum Ende aufrechterhalten wurde, zeigte hier seine Ergebnisse."

Die Thesen von Götz Aly stießen auf heftigen Widerspruch. Im Nachwort zur Taschenbuchausgabe antwortet er seinen Kritikern und erklärt das Buch sei keine Gesamterklärung der NS-Zeit. Das ist tatsächlich so.

Hitler und die Nationalsozialisten hatten eine panische Angst davor, dass sich November 1918 mit Hungerdemonstrationen und Aufstände in Deutschland wiederholen könnten, das hat dazu geführt, dass die Versorgung der Volksgemeinschaft bis zu letzt gesichert wurde. Dies bedeutet nicht, dass der Nationalsozialismus – seine eigenen antikapitalistischen Schlagwörter ernst genommen – den Kapitalismus abgeschafft hätte. Noch fehlt eine Bilanz welchen Nutzen Mitglieder der Volksgemeinschaft und welchen die Großbetriebe gezogen haben.

Aly hat den im 'Altreich' zumeist passiven Antisemitismus als "eine schleichende Imprägnierung im Sinne weit verbreiteter Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Juden" beschrieben. Freilich wurden nicht nur die deutschen und österreichischen Juden, sondern auch diejenigen, die unter deutsche Herrschaft kamen für den unmittelbaren Nutzen der Reichskasse ausgeraubt. "Dafür bedurfte es selbstverständlich einer Propaganda, welche die Juden als Parasiten, Verräter und Untermenschen darstellte und sie als soziale Fremdlinge isolierte."  Er weist darauf hin, dass die Ausraubung der Juden schließlich keine Erfindung der Nationalsozialisten war, sondern bereits vor Jahrhunderten in Deutschland (und anderswo in Europa) von Christen gelegentlich praktiziert wurde.

Ob sich der nationalsozialistische Völkermord lediglich damit erklären lasse, dass man die Zeugen dieses Raubes beseitigen wollte und um die Möglichkeit der Rache auszuschließen, wie das Hermann Göring 1942 behauptet hatte, daran darf gezweifelt werden. Götz Aly hat Fakten und Zusammenhänge aufgedeckt, die zu weiteren Forschungsarbeiten anregen. Seine Wertungen sind Anlass zu weiteren Diskussionen.

Die 480 Seiten umfassende Arbeit ist in der ausgezeichneten schwarzen Taschenbuchreihe des Fischer-Verlags erschienen, die es auch jungen Menschen ermöglicht Bücher über die Herrschaft der Nationalsozialisten –  für weniger als der Preis eines Mittagessens – zu erwerben.

Volkes Stimme

Meinungsforschung gab es nicht im "Dritten Reich", die Stimmungsberichte der Gestapo können nicht als solche betrachtet werden. Götz Aly hat mit seinen Studierenden versucht, eine historische Demoskopie zu erstellen, die zu überraschenden Ergebnissen kommt.

Die Adolf-Kurve 1932-1945 von Oliver Lorenz erkundet welche Vornamen die Deutschen ihren Söhnen gegeben haben und stellt jene Erklärungsmuster in Frage, die den Rückhalt der NS-Führung im Volk auf eine besonders hohe naziideologische Durchdringung zurückführen.

Swen Granzow, Bettina Müller-Sidibé und Andrea Simml analysieren Gottvertrauen und Führerglaube und kommen zum Ergebnis, dass bereits vor Beginn des Zweiten Weltkriegs die Austritte aus den Kirchen rapide abnahmen und 1945 ein historisches Tief erreichten. Die Kirchen schienen einen Halt zu geben.

Philipp Kratz belegt wie Sparen für das kleine Glück zum Indikator des Vertrauens der Bevölkerung wurde. 1943 kursierte der Witz: "Was heißt ‚eisern sparen’ auf Chinesisch? – Futschi, Futschi!"

Holger Schlüter belegt mit Terrorinstanz Volksgerichtshof, wie dieser ab 1940 immer mehr Todesurteile fällte.

Mit Der feine Unterschied im Heldentod / Gefallen für Führer oder Vaterland  schildern Oliver Schmitt und Sandra Westenberger was man aus den Gefallenenanzeigen in den Zeitungen über die Stimmung der Bevölkerung. lernen kann.

Albert Müller meint in Gesamtstatistik – ein Experiment: "Der Vorteil indirekter Messungen liegt gewissermaßen in ihrer Absichtslosigkeit.

Herausgeber Götz Aly resümiert mit Ideologie, Skepsis und Angst : "Die Deutschen hatten sich in eine Situation manövriert, aus der sie spätestens seit 1942 keine Möglichkeit mehr zur Umkehr sahen. Obwohl ihre Skepsis gegenüber der eigenen Führung ständig wuchs, blieben sie in ihr schlechtes Gewissen gebannt. Im Gefühl der Ausweglosigkeit verharrten sie in stumpfer, keinesfalls begeisterter Staatsloyalität."

Aly veröffentlicht mit einer editorischen Vorbemerkung auch Görings Erntedankrede vom 4. Oktober 1942, in der er – zu einer Zeit als in den Vernichtungslagern Juden mit industriellen Methoden massengemordet werden – auch auf "die Juden" zu sprechen kam, zum Beispiel so: "Wir kennen den Juden! Das, sie sollen sich doch nicht einbilden, die Herren Churchill und Roosevelt, wie sie heißen, sie sind ja alles lächerlich kleine Marionetten, versoffen und gehirnkranke Menschen, die am Drahte des Juden bammeln. Dahinter, mag er sich verschiedene Visagen aufsetzen, seine Gurke kommt doch durch: Der Jude ist hinter allem, und er ist es, der uns den Kampf auf Tod und Verderben angesagt hat."

Auch dieser Band aus der schwarzen Reihe des Fischer-Verlags wird die Forschung und Diskussionen anregen.

hagalil.com 14-02-07











 

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