Idith Zertal / Akiva Eldar:
Die Herren des Landes.
Israel und die Siedlerbewegung seit 1967
DVA München 2007
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Die Herren des Landes:
Israel und die Siedlerbewegung seit 1967
Eine Rezension von Karl Pfeifer
Israel ist ein demokratisches Land, in dem eine
lebhafte Diskussion über die Möglichkeiten mit den unmittelbaren Nachbarn,
mit den palästinensischen Arabern in Frieden zu leben stattfindet. In der
Öffentlichkeit geben diejenigen den Ton an, die glauben, wenn es keine
Siedlungen in den 1967 besetzten Gebieten gegeben hätte, dann würde Israel
schon längst in Frieden leben.
Auch die Autoren Idith Zertal und Akiva Eldar des 570
Seiten umfassenden Bandes gehen von dieser These aus. Durch Erfahrungen
klüger geworden, glauben jedoch auch viele linke Israelis nicht daran, dass
nur diese Siedlungen einen Frieden verhindern und stützen sich dabei auf die
Erfahrungen, die man nach dem Rückzug aus dem Gazastreifen 2005 sammeln
konnte.
Einige dieser Siedler – sind Rassisten und
Fundamentalisten, die sich auf die Bibel berufen. Hauptsächlich
ausländischen Journalisten dienen sie zum Beweis eines angeblichen
Gleichgewichts mit dem islamistischen Fundamentalismus und immer wieder
erleben wir in Fernsehberichten, ihre skandalösen Aussagen. Was man dabei
nicht vergessen sollte, ist die Tatsache, dass es dieses Gleichgewicht nicht
gibt. Denn in der israelischen Öffentlichkeit werden rassistische Aussagen
klipp und klar vom Mainstream abgewiesen, während ähnliche Aussagen auf der
arabischen Seite gerade im Mainstream gemacht werden. Während das
palästinensische Fernsehen immer wieder auch Kinder verhetzt, bekämpft das
israelische Fernsehen konsequent Erscheinungen des Rassismus.
Trotzdem der Rassismus in der Siedlerbewegung in der
israelischen Öffentlichkeit angeprangert wird, haben leider bislang alle
israelische Regierungen erstaunliche Toleranz gegenüber diesen Leuten
gezeigt. Erst vor ein paar Tagen hat sich die israelische Regierung
geweigert einen Bericht über die Siedlungen zu publizieren, doch gerade das
fokussiert die internationale Aufmerksamkeit auf diese.
Beim Lesen dieses Buches sollte man nicht übersehen,
dass die Mehrheit der jüdischen Israeli, die in den 1967 eroberten Gebieten
leben, keine Rassisten oder Fundamentalisten sind, sondern gewöhnliche
israelische Bürger, die ihren Traum vom eigenen Haus – weil finanziell von
der Regierung begünstigt – in diesem umstrittenen Gebiet realisiert haben.
Ich denke insbesondere an Ariel und Maale Adumim.
In der Einleitung kritisieren die Autoren diejenigen
Beobachter, die im Rückzugsplan den Beginn einer neuen Ära in den
israelisch-palästinensischen Beziehungen sehen: „ein erster Schritt auf
dem langen und schmerzhaften Weg, das Siedlungsprojekt rückgängig zu machen
und zu Israels Grenzen von 1949 bis 1967 zurückzukehren“ (S. 11). Im
Epilog schreiben sie jedoch von Israel „das seit nun fast sechzig Jahren
ohne feste Grenze gelebt hat“ (S.443), was natürlich richtig ist, denn
es handelt sich nicht um Grenzen, sondern um Waffenstillstandslinien, die
1949 bestimmt wurden. International anerkannte und in einem Friedensvertrag
gesicherte Grenzen hat Israel mit Ägypten und Jordanien.
Die Autoren schreiben auch von der „Abschottung
Israels durch eine gigantische Sperranlage in einer Ära, da anderswo Mauern
dieser Art zum Einsturz gebracht werden“ (ibid) und vergleichen Äpfel
mit Birnen, denn die einzige Mauer „dieser Art“ die zum Einsturz
gebracht wurde, ist diejenige, die fälschlich als „antifaschistischer
Schutzwall“ bezeichnet wurde.
Israel hat diesen Sicherheitszaun, der nicht einmal auf
5 % des Verlaufs eine Mauer ist, erst 35 Jahre nach der Eroberung dieses
Gebiets errichtet, weil es mörderischen Terror ausgesetzt war. Und solche
Zäune gibt es und werden noch immer gebaut, z.b. zwischen Saudi-Arabien und
dem Jemen, Marokko und Ceuta und Mellila, Indien und Pakistan, Indien
und Bangladesch sowie zwischen USA und Mexiko.
Wenn auf der palästinensischen Seite des
Sicherheitszauns ebenfalls solche selbstkritische Bücher erscheinen, die
auch von deutschen Verlagen publiziert werden, wird Normalität einkehren.
Trotzdem, auch wenn die These von Idith Zertal und
Akiva Eldar nicht überzeugt, ist es ein wichtiges Buch, denn Rassismus und
Fundamentalismus müssen und werden in Israel bekämpft und zwar nicht mit dem
hierzulande so üblichen Argument, „was wird das Ausland dazu sagen“, sondern
mit dem Argument, dass diese Erscheinungen unvereinbar sind mit der
Demokratie und Israel hat nur Bestand als jüdischer demokratischer Staat.
hagalil.com
15-01-08 |