
Antal Szerb:
In der Bibliothek
Erzählungen
dtv premium 2006
Euro 14,00
Bestellen?
|
Antal Szerb:
In der Bibliothek
Mit betont leiser Ironie und hintersinnigem Humor
kreist Szerb um historische Figuren und persönliche Geschichte, um den
siegreichen Alltag und das verbannte Wunder.
"Ich bin eher Leser als Schriftsteller", heißt es in einem von Szerbs
Essays, "Ich bin eher Schriftsteller als Literaturwissenschaftler", in
einem späteren Tagebucheintrag. – Das Entweder-Oder ist zu einfach.
Szerb näherte die Wissenschaft der Kunst an, und umgekehrt, und beides
bis zu Äußersten, betont sein Herausgeber György Poszler. Das Verhältnis
von Alltag und Wunder, die wechselseitige Durchdringung von beiden,
interessiert Szerb dabei am meisten: Seine Erzählungen, die hier
erstmals auf Deutsch vorgelegt werden, spiegeln diese Faszination.
Im ersten Teil des Bandes, der Szerbs Aufbruch als Schriftsteller
markiert, dominiert die Liebe zur Geschichte – wir begegnen Mirandola,
dem Gral und König Artus, der Tochter Kaiser Konstantins. Szerb
verarbeitet seine enorme Belesenheit auf unterhaltsamste Weise, bevor er
uns in den Erzählungen des zweiten Teils unterschiedliche Einblicke
gewährt in die Sphäre seines persönlichen Lebens. Jener Figur aus der
'Pendragon-Legende', János Báthky, seiner Liebe zu Bibliotheken und
allem Englischen begegnen wir hier wieder, ebenso wie den Problemen mit
der Liebe - "Frauen gefallen mir nur unter besonderen Konstellationen
und auch dann nicht besonders."
Der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Antal
Szerb (1901-1945) ist in seinem Heimatland Ungarn einer der meist
gelesenen ungarischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Sein kurzes Leben
war geprägt von der Liebe zur europäischen Kultur und Literatur. Antal
Szerb wird am 1. Mai 1901 in Budapest als Sohn eines assimilierten
jüdischen Kaufmanns geboren und katholisch getauft.
Nach dem Abitur 1919 besucht er zunächst Vorlesungen der
klassischen, später der modernen Philologie in Graz. 1920 kehrt er nach
Budapest zurück und immatrikuliert sich in den Fächern Hungarologie und
Germanistik, später auch Anglistik. Bereits vier Jahre später promoviert
er mit einer Dissertation über den Dichter der ungarischen
Nationalhymne, Ferenc Kölcsey. Um Geld zu verdienen, arbeitet er
zunächst als Lehrer für Ungarisch und Englisch an einer Vorstadtschule,
ab 1928 an einer höheren Lehranstalt für kaufmännische Berufe. Seit
Mitte der zwanziger Jahre führt Antal Szerb das Leben eines
Schriftstellers.
Es erscheinen Rezensionen, Essays und Erzählungen in den
führenden literarischen Zeitschriften des Landes. Studienreisen und
Stipendien führen ihn in den Zwanzigern nach Italien, Paris und England
– Eindrücke, die in seinen beiden ersten Romanen 'A Pendragon-legenda'
(1934; u.d.T. 'Die Pendragon-Legende' 2004 bei dtv) und 'Utas és
holdvilág' (1937; u.d.T. 'Reise im Mondlicht' 2003 bei dtv) ihren
Niederschlag finden. Zweimal wird er in dieser Lebensphase mit dem
renommierten Baumgarten-Preis ausgezeichnet: 1935 und 1937.
Der Literatur bleibt Szerb zeit seines Lebens nicht nur
als Autor, sondern auch als Wissenschaftler verbunden. So erhält er 1932
bei einem Wettbewerb den Zuschlag eine ungarische Literaturgeschichte zu
verfassen. Das Werk erscheint 1934. Szerb ist da bereits seit einem Jahr
Vorsitzender der Literarischen Gesellschaft Ungarns (und bleibt es bis
1936). Das Werk wird unter dem Titel 'A magyar irodalomtörténet' bis
1943 in einer Auflage von 23.000 Exemplaren gedruckt und 1944 verboten.
1941 folgt eine Geschichte der Weltliteratur ('A világirodalom
története'), in der er literatursoziologische und kulturphilosophische
Ansätze verbindet und sein Thema leicht lesbar aufbereitet. Diese
Literaturgeschichte gilt als sein wissenschaftliches Hauptwerk.
Aufgrund seiner jüdischen Herkunft bleibt ihm die
Universitätslaufbahn verschlossen, wenngleich er sich noch 1937 mit
Hilfe einflussreicher Gönner an der Universität Szeged habilitieren kann
und bis 1943 dort lehren darf. 1943 veröffentlicht Szerb noch zwei
Romane: Zum einen unter dem Pseudonym A.H. Redcliff das Buch 'VII.
Olivér', das als sein "leichtestes" Werk gilt, zum zweiten 'A királyné
nayklánca' (u.d.T. 'Das Halsband der Königin' 2005 bei dtv), das die
Halsband-Affäre um den italienischen Abenteurer Cagliostro im Vorfeld
der Französischen Revolution zum Stoff hat. 1943/44 entsteht zudem der
zweisprachige Band 'Száz vers' ('Einhundert Gedichte') mit Gedichten,
die Antal Szerb besonders wichtig waren.
Im März 1944 wird Ungarn von deutschen Truppen besetzt,
die rechtsgerichteten Hórthy-Regierung gestürzt und eine faschistische
unter Führung der "Pfeilkreuzler" eingesetzt. Antal Szerb wird im Sommer
1944 zum Arbeitsdienst eingezogen und in das westungarische Lager Balf
bei Ödenburg verlegt, wo er am 27. Januar 1945 ermordet wird. Er wird in
einem Massengrab beerdigt. (Nach Informationen von Gábor Durós, Ferenc
Szász und der Hungarian Book Foundation/Budapest.)
hagalil.com
24-07-07 |