Savyon Liebrecht:
Ein guter Platz für die Nacht
Dtv 2005
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Savyon Liebrecht:
Ein guter Platz für die Nacht
Die Spannung zwischen Menschen und Orten und ein
Gefühl realer, ja existentieller Entfremdung verbindet diese sieben
Erzählungen, die jeweils den Namen eines Ortes als Titel haben: Amerika,
Kibbuz, Hiroshima, Tel Aviv, München, Jerusalem und, schließlich, ein
Nicht-Ort, an dem die Attribute von Orten keine Bedeutung mehr haben,
weil alles Vertraute zerstört ist: Ein guter Platz für die Nacht.
An diesen Orten ereignen sich Begegnungen, in denen
Menschliches, Historisches, Geschlechtliches, Schicksalhaftes sich wie
in einem Brennglas bündelt. – In allen Erzählungen ist jemand fern von
zu Hause, doch dieses Zuhause ist kein Ort wirklicher Zugehörigkeit,
sondern eher ein Ort der Sehnsucht danach.
Eine junge Frau begegnet viele Jahre, nachdem die Mutter
sie kurz nach der Geburt zurückließ, um ihrem Geliebten nach Amerika zu
folgen, dessen Tochter aus erster Ehe und erfährt, dass Amerika nicht
das gelobte Land für die Mutter war, sondern ein Alptraum, der sie in
den Wahnsinn trieb; ein junger Mann, aufgewachsen im Kibbuz – das
unverbrüchliche Symbol für Freiheit und Gleichheit –, entdeckt nach
vielen Jahren, was die Mitglieder des Kibbuz seinen Eltern antaten; ein
israelischer Journalist, der in München über einen späten Prozess gegen
einen alten Kriegsverbrecher berichten soll und Zeuge anti-muslimischer
Ausschreitungen wird, in deren Folge das muslimische Mädchen, das er
begehrt, getötet wird – die ganze Welt, selbst vertrautes Terrain
erscheint feindselig, bedrohlich, unbeherrschbar.
In der titelgebenden Erzählung schließlich ist der Ort
nur mehr eine Herberge, in der eine Handvoll Menschen nach einer
namenlosen Katastrophe zu überleben versucht und schließlich dennoch
hoffnungsvoll einen gloriosen Sonnenaufgang betrachtet.
Wie immer präpariert Liebrecht in klarer, ton- und
temposicherer Sprache die tieferen, schmerzlichen, oft verborgenen
Wahrheiten individueller Lebensläufe heraus, bringt das Innerste des
Seins, der Seele, ans Licht.
Savyon
Liebrecht wurde 1948 in München als Tochter polnisch-jüdischer
Holocaustüberlebender geboren. Sie wuchs auf in Israel, studierte
Philosophie und Literaturwissenschaft. Während ihres Militärdienstes
begann sie zu schreiben, Theaterstücke und vier mit mehreren wichtigen
Preisen ausgezeichnete Erzählungsbände. Ein Sammelband 'Äpfel aus der
Wüste' liegt auf deutsch im Fischertaschenbuch Verlag (1995) vor. "Mein
Schreiben ist das Ergebnis des Schweigens zwischen mir und meinen
Eltern", sagt Savyon Liebrecht und brach damit ein Tabu: sie fand eine
Sprache für das Unsagbare. 'Ein Mann und eine Frau und ein Mann', ihr
erster Roman, stand in Israel monatelang auf der Bestsellerliste.
hagalil.com
20-05-05 |