Marina Groslerner:
Layla
Roman
dtv premium im Großformat
Übersetzt von Ulrike Harnisch und Thoralf Seiffert
300 Seiten
Deutsche Erstausgabe
Dtv 2004
Euro 16,00
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© David Adika und Uri Gershoni |
Junge israelische Literatur:
Marina Groslerners "Layla"
Von Andrea Livnat
Layla ist anders als die anderen Kinder, schon immer.
In Czernowitz genauso wie in Aschdod. Nach dem Tod des Vaters bleibt
Layla mit ihrer Mutter, im Wohnblock "rund um eine Beton-Niere", zurück.
Eine Mutter, die sie nicht gewollt hatte und die ihre Liebe nur in
wenigen kostbaren Momenten zeigt.
Layla hat gelernt, diese Momente zu nutzen: "Im
Liebe-Aufsaugen war sie eine Expertin: flink raffte sie alles zusammen,
wie eine Diebin." Alleine mit der Mutter muss Layla ihren Weg finden,
die Pubertät durchleben, Freundschaften schließen, Jungs kennenlernen.
Ungeschönt erzählt Marina Groslerner die Geschichte
eines Mädchens, das nicht so recht in die Gesellschaft passen will: die
Beziehung zu Daniel, die aus dem Ruder läuft, Alkohol- und
Drogenerfahrungen, schließlich der Aufbruch von zu Hause und die Suche
nach etwas Sinnvollem.
Der Roman führt scheinbar in den Abgrund, Layla landet
im Kreise Verstoßener, die weder glücklich noch unglücklich sind,
sondern einfach vor sich hin leben. Es ist der Blick in den Abgrund, der
Groslerners Roman zu etwas Besonderem macht. Ein Abgrund, der scheinbar
natürlich und unausweichlich auftaucht, auf den die Geschichte und die
verlorene Protagonistin zusteuern.
Marina Groslerner gewährt mit "Layla" einen Blick auf
die israelische Gesellschaft, wie er in deutscher Sprache nur selten zu
finden ist. Die trostlose Enklave der russischen Einwandererviertel in
Aschdod, eine Szene von Aussteigern am Strand von Eilat, die Suche nach
Individualität und Kreativität in einer von Männern dominierten
Umgebung.
Groslerners Erzählstil ist dabei virtuos und geistreich,
wechselt zwischen verschiedenen Perspektiven, um das Seelenleben der
Protagonistin zu beleuchten. Ein großer Gewinn, den man sich nicht
entgehen lassen sollte.
Marina Groslerner, 1967 in Czernowitz/Ukraine
geboren, kam zusammen mit ihren Eltern während der großen russischen
Einwanderungswelle Anfang der siebziger Jahre nach Israel, mitten in den
Jom-Kippur-Krieg hinein. Aufgewachsen in Kfar Saba, studierte sie
Linguistik und Philosophie in Tel Aviv, heute lebt sie als Übersetzerin
und Lektorin in Tel Aviv und Barcelona. 'Lalya', ihr erster Roman, wurde
in Israel mit Staunen und Begeisterung aufgenommen.
hagalil.com
15-07-04 |