Der
Klassiker:
Jüdische WitzeSalcia Landmann
Der jüdische Witz nimmt in der Weltliteratur eine Sonderstellung
ein. Er ist tiefer, bitterer, schärfer, vollendeter,
dichter, man kann auch sagen, dichterischer als der
Witz anderer Völker.
Er ist niemals Witz um des Witzes
willen, immer enthält er eine politische, religiöse, soziale
oder philosophische Kritik; und was ihn so faszinierend
macht: er ist zugleich Volks- und Bildungswitz, jedem
verständlich und doch voll tiefer Weisheit. Durch Jahrhunderte
war der Witz die einzige und unentbehrliche
Waffe des sonst waffen- und wehrlosen Volkes. Es gab –
zumal in der Neuzeit – Situationen, die von den Juden
seelisch und geistig überhaupt nur mit Hilfe ihres Witzes
bewältigt werden konnten.
So läßt sich behaupten: Der
Witz der Juden ist identisch mit ihrem Mut, trotz allem
weiterzuleben.
Salcia Landmann hat es unternommen,
die verstreuten und oft nur mündlich überlieferten jüdischen
Witze zu sammeln und zu ordnen. Ihrer Auswahl,
die alle thematischen Bereiche umfaßt, geht eine soziologische
Interpretation voraus, in der zugleich über Herkunft,
Geschichte und Niedergang des jüdischen Witzes
berichtet wird.
Geboren wurde
Salcia Landmann, am 18. November 1911 im Osten der
Donaumonarchie, am 16. Mai 2002 ist sie in St. Gallen /
Schweiz gestorben. Sie studierte Philosophie, Psychologie,
Kunstgeschichte und Jura. Weitere Werke u. a.:
›Jiddisch. Abenteuer einer Sprache‹, ›Jüdische Anekdoten
und Sprichwörter‹ und ›Wer sind die Juden?‹.
JüdischeWitze
Ausgewählt und eingeleitet
von Salcia Landmann
Deutscher Taschenbuch Verlag Neuausgabe November 2007
Veröffentlicht im August 1963 im Deutschen Taschenbuch Verlag
GmbH & Co. KG, München
www.dtv.de.
Salcia Landmanns Vorwort zur Taschenbuchausgabe
Diese Taschenbuchausgabe beruht im wesentlichen auf
der 5. erweiterten und veränderten Auflage des ›JüdischenWitzes‹*, welcher zum ersten Male im Herbst 1960
erschien.
Es ging hier nicht darum, eine Auslese besonders
schlagender Witze zu geben. Vielmehr wurde sorgfältig
darauf geachtet, dass keine der verschiedenen Kategorien
des jüdischen Witzes bei der Auswahl zu kurz
kam, so dass der Leser dieser gekürzten Ausgabe dennoch
einen guten Überblick über die Eigenart und alle typischen
Formen des jüdischen Witzes erhält. Auch die
soziologische Einleitung des Buches ist hier zwar in komprimierter
Form gegeben, enthält aber alle wesentlichen
Gedankengänge der Buchausgabe vom Walter Verlag.
Zweierlei wollte ich mit meinem Buche: den tragischen
Hintergrund des jüdischen Witzes aufzeigen, und diesen
Witz selber heute, nach dem Untergang des europäischen
Judentums, für den deutschsprachigen Leser sammeln
und vor dem Vergessenwerden bewahren.
Zu meiner Beglückung ist der Sinn des Unternehmens
von der überwiegenden Mehrzahl der Leser und Beurteiler
richtig verstanden worden. Wenige Monate nach
dem Erscheinen der ersten Ausgabe waren fünf Briefordner
bei mir mit Leserbeiträgen von Christen und Juden
aus aller Welt angefüllt. Ich erhielt neue Witze aus
dem Sowjetgebiet, aus Israel, aus Mitteleuropa, aus
Amerika, aus Emigrantenkreisen in allen Weltteilen. Einzelne Leser vertrauten mir uralte, längst vergriffene
jüdische Witzbücher in allen Sprachen an.
Diese Sammlung ist daher nicht mehr mein eigenes
Werk – wenn bei einer Kompilation von folkloristischem
Gut überhaupt von »Werk« die Rede sein kann –
sondern das kollektive Werk unzähliger Leser, deren
Beiträge ich oft wörtlich übernommen habe und denen
ich Dank schulde. Ihre Namen sind in einer Dankliste
sowohl am Schluß der 5. Auflage des Buches wie auch
der Taschenbuchausgabe genannt. Dieses Taschenbuch
enthält auch einige von den Witzen, die mir von Lesern
erst nach Erscheinen der 5. Auflage zugeschickt wurden.
Jüdische Witze sind wiederholt gesammelt und auch
analysiert worden. Der jüdische Witz nimmt nämlich in
der Witzliteratur eine Sonderstellung ein.
*) Salcia Landmann: Der jüdische Witz. Soziologie, Sammlung,
Glossar. 5. erweiterte und veränderte Auflage. Walter
Verlag, Olten 1962.
JüdischeWitze
Ausgewählt und eingeleitet
von Salcia Landmann
Deutscher Taschenbuch Verlag Neuausgabe November 2007
Ungewöhnliche Tiefe und Schärfe:
Der Witz der Juden
Der jüdische Witz nimmt in der Witzliteratur eine
Sonderstellung ein. Er ist das Ergebnis
von einzigartigen Umständen und Voraussetzungen
auf religiösem, historischem, geistigem und sozialem
Gebiete, die besonders geeignet waren, Witze von ungewöhnlicher
Tiefe und Schärfe zu erzeugen...
Man sollte ihn sehr ernst nehmen:
Der jüdische Witz
Den ersten ›jüdischen‹ Witzen bin ich in Witzblättern
begegnet – in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Da war fast in
jeder Nummer von einem ›Kleinen Kohn‹ die Rede, der sich entweder
sonderbar benahm oder auf einfache Fragen dümmlich-schlaue Antworten
gab... |