Juli 1934:
NS-Putsch in Österreich
Eine Rezension von Karl Pfeifer
Hans Schafranek hat lange geforscht und weist nach,
dass die bislang bekannte Geschichte des NS-Putsches im Juli 1934 neu
geschrieben werden muss. Die Planung und Durchführung der Wiener Aktion,
während der am 25. Juli 1934 der österreichische Bundeskanzler Engelbert
Dollfuß ermordet wurde, sind bekannt.
Schafranek beantwortet in seinem 356 Seiten umfassenden
Werk viel weniger bekannte Fragen, wie:
Wer plante die Aufstände in den Bundesländern?
Wer gab wem wodurch das Signal zum Losschlagen?
Warum wurde das Losschlagen der Putschisten in den Bundesländern nicht
koordiniert?
Weshalb kam es in Regionen mit überproportional hohem
NS-Sympathisantenanteil zu gar keinen Kämpfen?
Die österreichischen Nazi – deren Führung sich selbst
überschätzte – waren damals zerstritten, mangelhaft ausgerüstet, und zum
großen Teil auch nicht motiviert.
Der Autor weist auch einen Zusammenhang zwischen der
Liquidierung der deutschen SA-Führung (Ernst Röhm) vier Wochen vor dem
NS-Putsch und der erfolgreichen Niederschlagung durch Heimwehr, Bundesheer
und Exekutive nach.
Spannend sind auch die ungefähr ein Drittel des Buches
umfassenden Dokumente zu lesen. Einige mal bemerken die berichtenden Nazi,
dass sich hie und da auch Sozialdemokraten dem Aufstand angeschlossen haben.
Das näher und detailliert zu beschreiben ist ein Desiderat der Wissenschaft.
Das Buch basiert auf den Ergebnissen eines von der
Österreichischen Nationalbank, der Stadt Wien und der Akademie der
Wissenschaften unterstützten Projekts. Schade, dass dieses wichtige, leicht
lesbare Buch, das die Geschichte des NS-Putsches zum Teil revidiert, kein
Personenverzeichnis beinhaltet.
hagalil.com
14-02-07 |