Das tschechische "Buch des Jahres
2001", verkündet das Verlagsprospekt, "strotzt vor Ironie, Weitsicht und
Humor des Autors". Ironie habe ich wenig darin gefunden, eher einen
Sarkasmus, der gelegentlich auch unterhaltend sein kann, im Falle dieses
Buches meistens aber nur wiederholt, was nicht nur an tschechischen
intellektuellen Stammtischen nach einigem Alkoholkonsum zu hören ist,
nämlich, dass diese Welt schlecht sei und Politik im Grunde eine
schmutzige Angelegenheit sowie das es fast keine Unterschiede zwischen
Nationalsozialismus und Kommunismus gegeben habe.Die "Geschichte
Europas im 20. Jahrhundert auf knappen 160 Seiten auf den Punkt"
gebracht zu haben, rühmt das Verlagsprospekt. Schade, dass der
tschechische Autor seinem eigenen Land so wenig Platz widmet. Hätte er
das getan, dann würde man vielleicht dieses Buch besser verstehen.
Schlußendlich glaubten viele Tschechen in den späten sechziger Jahren
"Sozialismus mit menschlichem Antlitz" sei möglich. Sie wurden eines
besseren belehrt und "normalisiert", d.h. mit wenigen rühmlichen
Ausnahmen, machten sie ihren Frieden mit dem "realen Sozialismus", der
mit der Idee des Sozialismus so wenig zu tun hatte, wie die Kirchen mit
den Ideen von Jesus. In dieser Atmosphäre gediehen "Witze" und eine
zynische Weltsicht, die es vielen leichter machte ihr Schicksal zu
ertragen.
Um auf den Geschmack der "Ironie" zu kommen zitiert das
Verlagsprospekt: "Als die Nazis den Krieg verloren, organisierten die
Siegermächte einen internationalen Gerichtshof und die Juristen dachten
darüber nach, wie man die 'Endlösung der Judenfrage' denn nennen sollte
und die verschiedenen Pläne zur Ausrottung der Roma und Slawen und so
weiter. Und sie erfanden den Begriff Genozid."
Ourednik behauptet: "Und Wissenschaftler fanden heraus, wie man aus
dem Fett der [in den Gaskammern K.P.] Erstickten Seife für deutsche
Soldaten herstellen konnte." Er gibt auch das Rezept bekannt.
Tatsächlich beruht diese Geschichte auf Gerüchten. Die auf den während
des Krieges ausgegebenen Stücken der Einheitsseife eingeprägten
Buchstaben RIF oder RJF bedeuteten nicht, wie manchmal behauptet wurde,
"Reines Judenfett", sondern standen für "Reichsstelle für Industrielle
Fette und Waschmittel" (siehe
Legenden, Lügen, Vorurteile, dtv 1992 "Seife aus Judenfett" S.
185). Das ist aber lediglich einer von einer Reihe kleiner Fehler.
Mich hat das Buch einfach gelangweilt. Möglich, dass das Problem bei
mir liegt, weil ich "Weitsicht und Humor des Autors" nicht wahrgenommen
habe. Repetio est mater studiorum haben wir einmal gelernt, doch wenn
auch die Wiederholung die Mutter der Studien ist, will der Leser
unterhalten beziehungsweise geistig angeregt werden. Von beiden kann
nicht die Rede sein.