Österreicheinsätze des britischen Geheimdienstes SOE 1944:
Widerstand vom Himmel
Rezension von Karl Pfeifer
Das von Peter Pirker herausgegebene Buch über die
Österreicheinsätze des britischen Geheimdienstes SOE 1944 hat zwei Teile,
die sich ergänzen. Der Bericht des für den Österreich-Einsatz der Agenten
zuständigen britischen Offiziers Patrick Martin-Smith kann auch wie ein
Abenteuerroman gelesen werden.
Wenig bekannt ist außerhalb Italiens, dass 1944 weite
Gebiete Norditaliens bereits von Partisanen verwaltet wurden und es war nur
logisch, dass man aus dem Grenzgebiet zur "Ostmark" versuchte, die
SOE-Agenten dorthin einzuschleusen. Martin-Smith schildert mit britischem
Humor und Understatement seine Erfahrungen in Norditalien.
Freilich musste man sehr bald erkennen, obwohl es 1944
offensichtlich war, dass die Nazi den Krieg nicht gewinnen können, die
meisten "Ostmärker" sich nicht bereit fanden auch etwas gegen die Nazi zu
tun.
Der Kärntner Herausgeber Peter Pirker hat eine
bemerkenswerte Einleitung geschrieben und am Ende des Buches biographische
Skizzen der Agenten hinzugefügt, die es in sich haben. Die meisten von
Pirker geschilderten Geschichten endeten tragisch. Da wird ein aus Kärnten
stammender Agent, der Bauernsohn Stefan Hassler von Gendarmen gefasst und
gefesselt, um dann "auf der Flucht" erschossen zu werden.
In Hasslers Dienstakt steht sein Motiv sich für diese
gefährliche Aufgabe zu melden: "patriotische Gefühle für Österreich". Man
könnte denken, dass dieses Land – dessen Politiker immer wieder betonten, es
wäre das erste Opfer des Nationalsozialismus – sich um die Familien der im
Kampf für ein unabhängiges Österreich Gefallenen gekümmert hätte. Doch weit
gefehlt: Die Mutter Stefan Hasslers hatte sich nach der Befreiung um einen
Opferausweis bemüht, weil ihr Sohn erschossen und die ganze Familie Hassler
verfolgt wurde. Doch die Zweite Republik verwandelte die im November 1944 im
Drautal als Freiheitskämpfer auftretenden Männer und die Familie Hassler in
eine Räuberbande. Wenn 2005 unsere Politiker – wie leider zu erwarten –
wieder einmal zur Heuchelrede ansetzen, dann sollte man diese Schäbigkeit,
die kein Einzelfall war, keinesfalls vergessen.
Ein großer Teil der Agenten waren österreichische Juden,
denen die Flucht gelungen war. Ihr Motiv war, das Möglichste tun, um den
Nationalsozialismus zu zerstören. Pirker verschweigt nicht, dass diese
Menschen, die oft ihre ganze Familie verloren hatten, von einigen ihrer
patriotischen österreichischen Landsleuten antisemitisch angepöbelt wurden.
Die Juden wehrten sich und es kam auch zu handgreiflichen
Auseinandersetzungen.
Alle Agenten mussten erfahren, dass nur ganz wenige
Österreicher noch ein paar Monate vor der Befreiung Ende 1944 es wagten, den
Widerstand gegen die nationalsozialistische Herrschaft zu unterstützen. Das
war der Grund, warum so viele von ihnen ihr Engagement mit dem Leben
bezahlen mussten.
Das Buch schildert eine bis jetzt kaum bekannte
Geschichte, die man nicht aus der Hand legen will, weil sie so spannend
geschrieben ist.
Es ist aber auch ein Heimatbuch, das man jedem Schüler in
Kärnten und anderswo in die Hand drücken möchte. Wer es liest, wird auch
verstehen, wieso sich der braune Mief in diesem südlichen Bundesland so
lange halten kann.
hagalil.com
16-12-04 |