antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com
Search haGalil

Newsletter abonnieren
 
 
 

 


Martina Steer:
Bertha Badt-Strauss (1885-1970) Eine jüdische Publizistin
Campus Verlag 2005
Euro 39,90

Bestellen?

Eine jüdische Publizistin:
Bertha Badt-Strauss

Von Andrea Livnat

"Macht es Sinn, die Biographie eines Menschen, in diesem Fall eines Menschen, der (in alphabetischer und unvollständiger Reihenfolge!) Amerikanerin, Anglistin, Berlinerin, Breslauerin, Cousine, Deutsche, Ehefrau, Emigrantin, Feministin, Freundin, Frau, Germanistin, Jüdin, Kind, Kranke, Leserin, Mutter, Publizistin, Schriftstellerin, Schülerin, Schwester, Schwägerin, Schwiegertochter, Staatsbürgerin, Studentin, Tante, Tochter, Verfolgte und Zionistin, war, in einem Schlusswort auf wenige Sätze zu reduzieren?"

Die Frage im Epilog der vorliegenden Biografie muss in diesem Fall unbedingt bejaht werden, denn anders lässt sich das Leben dieser Frau, die selbst unzählige Biografien verfasste, kaum abstecken. Bertha Badt-Strauss zählte in den 20er und 30er Jahren zu den bekanntesten Publizistinnen in Deutschland und gehört, auch wenn sie heute scheinbar in Vergessenheit geraten ist, zu den interessantesten Frauen der deutsch-jüdischen Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Bertha Badt-Strauss wurde 1885 in Breslau geboren, das seit Beginn des 19. Jahrhunderts die drittgrößte jüdische Gemeinde im Deutschen Reich stellte. Die Familie war religiös und gleichzeitig eine Gelehrtenfamilie, die den Kindern die entsprechende Erziehung und das Interesse für Literatur mit auf den Weg gab. Bertha studierte Literaturgeschichte, Englisch, Latein und Philosophie, zunächst in Breslau, dann in Berlin, wo sie 1908 als erste Frau an der philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität über Annette von Droste-Hülshoff promovierte.

Die Familie von Bertha Badt-Strauss zeichnete sich durch ein festes jüdisches Selbstverständnis aus. Die Frage nach der religiösen Zugehörigkeit, orthodox oder liberal, beantwortete Vater Benno Badt: "Ich gehöre der Badt-schen Linien an!" Die Familie besucht zwar die liberale Synagoge, folgte aber einem orthodoxen Lebenswandel, beispielsweise mit einer strikt koscheren Küche.

Bertha Badt-Strauss konnte ihre jüdische Identität problemlos damit vereinbaren, dass sie sich ebenfalls der deutschen Frauenbewegung zugehörig fühlte. Genauso, wie sie an das Judentum glaubte, glaubte sie auch an den Zionismus. Sie war eine überzeugte Zionistin, die unter anderem in engem Kontakt mit Martin Buber stand und durch die von ihm initiierte Idee einer "Jüdische Renaissance" inspiriert war. Auch wenn sie die Rolle der Frau im Jischuw nicht definierte, Bertha Badt-Strauss trat stets aktiv für die Mitgestaltung der Gesellschaft durch Frauen ein.

1913 heiratet Bertha Badt den Gymnasiallehrer und Moses-Mendelssohnforscher Bruno Strauss, 1921 wurde ihr Sohn Albrecht geboren.

Der Bewusstseinswandel der deutschen Juden im Laufe des Ersten Weltkriegs hatte weniger gravierende Auswirkungen auf die Badts, eine gewisse Veränderungen zeigte sich dennoch darin, dass Bertha Badt-Strauss nach dem Krieg begann, über jüdische Themen zu schreiben.

Bertha Badt-Strauss wurde mit der Zeit zu einer der bekanntesten und gefragtesten Publizistinnen in den Berliner Jahren zwischen den Weltkriegen, schrieb zahlreiche Artikel und Rezensionen, gab Übersetzungen, Leseausgaben  und Textkritiken heraus und schrieb Beiträge für Lexika, Kurzgeschichten und größere wissenschaftliche Arbeiten. Ihr erster Artikel war bereits 1909 im Feuilleton der Breslauer Zeitung erschienen. Sie arbeitete zu so unterschiedlichen Literaten wie Heinrich Heine, Süßkind von Trimberg, Gertrud Marx und Rahel Varnhagen.

Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten änderte sich die Welt der Familie grundlegend. Die Brüder des Ehepaars wanderten mit ihren Familien 1933 sofort nach Palästina aus, Bertha und Bruno blieben zunächst in Berlin. Trotz der zunehmend begrenzten Publikationsmöglichkeiten war dies eine sehr produktive Zeit, Bertha Badt-Strauss konnte auf Grund ihrer Bekanntheit weiterhin Artikel unterbringen und publizierte z.B. in der "Jüdischen Rundschau" oder der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung". Sohn Albrecht wurde nach England geschickt, wo er zunächst bei einer Pflegefamilie und später in der Regent's Park School lebte.

1935 reiste das Ehepaar Strauss nach Palästina, um sich über die möglichen Lebensumstände nach einer Emigration zu informieren. Bruno Badt war offensichtlich strikt dagegen, während hingegen Bertha gerne den Schritt nach Palästina gewagt hätte. Bis zuletzt blieb Bruno Strauss unentschlossen, Deutschland zu verlassen. Erst am 26. August 1939 gelangte das Ehepaar nach London, von wo aus sie im Oktober in die USA weiter reisten.

Beide konnten relativ schnell in der neuen Heimat Shreveport, Louisiana, Fuß fassen, wenn auch Bertha Badt-Strauss deutlich weniger publizierte. Dies lag jedoch auch an ihrer fortschreitenden Krankheit, sie litt seit Jahren an Multipler Sklerose. Zwischen 1940 und 1965 veröffentlichte sie jedoch etwa 200 Artikel. 1951 erschien auch ihr autobiografischer Aufsatz "My world, and how it crashed" im "Menorah Journal". Anfang der 50er Jahre begann Bertha Badt-Strauss noch eine größere Arbeit, die Biografie von Jessie Sampter, amerikanische Zionistin und Dichterin. Das Arbeiten war für sie jedoch sehr beschwerlich geworden und sie konnte schließlich das Haus kaum noch verlassen. Ihren letzten Artikel schrieb sie 1965, im Alter von 80 Jahre, für den "Aufbau".

Bruno Strauss starb im Mai 1969, Bertha zog daraufhin zu ihrem Sohn nach Chapel Hill, wo sie ein Jahr später am 20. Mai 1970 starb.

Es ist das Verdienst von Martina Steer, das Leben dieser faszinierenden Frau, das bisher nur in einigen kurzen Artikeln bearbeitet wurde, systematisch aufgearbeitet zu haben. Dabei ist die Biografie wunderbar flüssig und kurzweilig zu lesen, die Lebensabschnitte und -orte von Bertha Badt-Strauss sind in den jeweiligen Kontext der jüdischen Geschichte eingebettet. Der Band ist um ein Schriftenverzeichnis Bertha Badt-Strauss', das auch unveröffentlichte Manuskripte enthält, ergänzt.

hagalil.com 21-09-05











 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2014 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved

ehem. IDPS (Israeli Data Presenting Services) Kirjath haJowel, Jerusalem