Bernard Lewis:
Die Wurt der arabischen Welt. Warum der jahrhunderte-lange
Konflikt zwischen dem Islam und dem Westen weiter eskaliert
Campus Verlag 2003
Euro 19,90
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Warum ein Konflikt eskaliert:
Die Wut der arabischen Welt
Rezension von Karl Pfeifer
Bernard Lewis ist einer der bekanntesten westlichen
Islamexperten. Es gelingt ihm in seinem lediglich 192 Seiten umfassenden
Buch allgemein verständlich und doch den Kriterien der
Wissenschaftlichkeit entsprechend zu erklären, woher die Wut so vieler
Muslime gegen den Westen kommt und was geschehen könnte, wenn man die
Krise des Islams nicht versteht.
Das nach dem 11. September veröffentlichte Buch erklärt
"Was ist der Islam" sowie in der aktuellen Diskussion oft benützte
Begriffe, wie Jihad (Dschihad), Dar al-Islam (Haus des Islam), Dar
al-Harb (Haus des Krieges) und Shahid (Märtyrer). In den Kapiteln "Von
Kreuzfahrern zu Imperialisten", "Die Entdeckung Amerikas" und der "Der
Satan und die Sowjetunion" wird das Verhältnis der moslemischen zur
nichtmoslemischen Welt dokumentiert. Im Kapitel "Zweierlei Maß" geht
Lewis auf den schwerwiegenden Vorwurf gegenüber der amerikanischen
Politik im Nahen Osten ein, die nicht nur der Komplizenschaft mit dem
Imperialismus oder dem Zionismus bezichtigt wird, "sondern auch der -
die Menschen dort unmittelbar betreffenden - Komplizenschaft mit den
korrupten Diktatoren, die sie regieren."
Der Autor erinnert daran, "dass allgemeine und freie Wahlen
stets am Endpunkt und nicht am Beginn des demokratischen
Entwicklungsprozesses stehen. So war es in Europa, und so ist es auch in
der islamischen Welt. Allerdings ist das noch lange kein Grund,
Diktatoren zu verhätscheln."
Das Kapitel "Scheitern der Modernisierung" erläutert, dass
die Tatsache, dass nahezu die gesamte islamische Welt unter Armut und
Tyrannei leidet, häufig den USA in die Schuhe geschoben wird. "Die
Menschen im Nahen Osten sind sich in wachsendem Maße der tiefen und sich
weiter vertiefenden Kluft zwischen den Möglichkeiten bewusst, die die
freie Welt jenseits ihrer Grenzen bietet, und der erschreckenden Armut
und Unterdrückung, unter sie selbst leiden. Die in diesen Verhältnissen
entstehende Wut richtet sich naturgemäß zuerst gegen ihre Herrscher und
dann erst gegen diejenigen, die ihrer Überzeugung nach diese Herrscher
aus selbstsüchtigen Motiven an der Macht halten. Dass alle Terroristen,
die bislang im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001 in
New York und Washington identifiziert wurden, aus Saudi-Arabien und
Ägypten stammen - mithin aus Ländern, deren Regierungen als
amerikafreundlich gelten -, ist gewiss kein Zufall. Mit ein Grund dafür
ist nach Auskunft eines al-Qaida-Mitglieds der Umstand, dass Terroristen
aus Ländern mit guten Beziehungen zu den USA eher eine Einreiseerlaubnis
erhalten. Die eigentliche Ursache aber ist in der größeren
Feindseligkeit zu sehen, die in den Ländern herrscht, in denen
Washington für die Erhaltung eines tyrannischen Regimes verantwortlich
gemacht wird. Ein inzwischen mit besonders wachsamen Augen beobachteter
Sonderfall ist Saudi-Arabien, wo es innerhalb der Klasse der
Herrschenden anscheinend einflussreiche Gruppen gibt, die diesen Hass
teilen und zeitweilig sogar schüren."
"Die Allianz von saudischer Macht und wahhabitischer Lehre"
wirft ein grelles Licht auf die Zustände in Saudi-Arabien, das bis vor
kurzem als "gemäßigt" galt. Den Friedensschluss mit Israel lehnen die
meisten heute lebenden Muslims ab. In der Anerkennung Israels bzw. in
einem Frieden mit dem jüdischen Staat sehen die Islamisten eher ein
Symptom und weniger die Ursache. Wesentlich für sie ist die Abkehr vom
wahren Glauben und die unwürdige Nachahmung des gottlosen Westens, die
sie auch als Ursache der Schwäche gegenüber Israel sehen.
"Der Aufstieg des Terrorismus" befasst sich mit der
Entwicklung des Extremismus in den muslimischen Ländern. "Die meisten
Muslime sind keine Fundamentalisten, und die meisten Fundamentalisten
sind keine Terroristen, aber die meisten heutigen Terroristen sind
Muslime und behaupten, stolz darauf zu sein."
Lewis zeigt die Gefahren dieses Terrorismus auf, aber auch
die Notwendigkeit die Kräfte zu verstehen, die ihn nähren und antreiben,
denn nur so kann man wirksame Methoden zur Bekämpfung des Terrorismus
entwickeln. Dieses flüssig geschriebene Buch eignet sich vorzüglich zur
Aufklärung über ein brennend aktuelles Thema.
hagalil.com
29-01-04 |