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Mary Kreutzer, Thomas Schmidinger (Hg):
Irak: Von der Republik der Angst zur bürgerlichen Demokratie?
ça-ira-Verlag 2004
Euro 19,00

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Verlag:
www.ca-ira.net

Aktuelles zum Irak:
Von der Republik der Angst zur bürgerlichen Demokratie?

Von Karl Pfeifer

Etwas seltsam, wenn Deutsche oder Österreicher Irakern Patriotismus beibringen wollen und doch kam und kommt es immer wieder dazu, da werden irakische Kommunisten, die nicht die Infrastruktur ihres Landes vernichtet sehen wollen und die sich nicht für Saddam Hussein begeistern können, gescholten. Genau so seltsam war es, als "Friedenskämpfer" irakische Flüchtlinge belehrten, sie müssten sich doch gegen den Krieg und für den Weiterbestand des Baath-Regimes einsetzen.

Schon aus diesem Grund ist das von Mary Kreutzer und Thomas Schmidinger herausgegebene Buch über den Irak, dessen Autoren mehrheitlich irakische Intellektuelle, Politiker, Politologen, Journalisten aus allen Regionen des Landes, den verschiedensten 'ethnischen' und religiösen Gruppen mit unterschiedlichsten politischen Hintergründen sind, eine Hilfe für jeden, der mehr über den Irak wissen will als die Medien täglich bringen. Auch zum Krieg gegen das Saddam Regime gibt es im Buch unterschiedliche Standpunkte. Die Herausgeber selbst haben den Irak bereist und beschäftigen sich als Mitarbeiter der Hilfsorganisation Wadi schon länger mit dem Irak.

Im 1. Kapitel wird das "blutige 20. Jahrhundert" behandelt und wie der Terror des Baath-Regimes von der internationalen Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Zur gleichen Zeit, als Saddam Hussein prunkvolle Paläste baute und der Takriti-Clan sich maßlos bereicherte, wurden nicht einmal mehr die notwendigsten Medikamente für die Spitäler beschafft, "womit insbesondere jene Bevölkerungsgruppen bestraft wurden, die sich 1991 gegen das Regime erhoben hatten. Während das Regime sterbende Kinder in den Spitälern des Südiraks für internationale Propagandazwecke missbrauchte, fragte niemand nach, weshalb ausgerechnet die Kinder in den Krankenhäusern des Südirak starben, nicht jedoch jene im 'sunnitischen Dreieck' - der Machtbasis Saddam Husseins."

Die Ideologie und Herrschaftstechnik der Baath-Partei wird beschrieben wie auch der Baathismus zwischen 'orientalischer Despotie' und Faschismus. Der Marxist Kasim Talaa schildert die Geschichte der irakischen KP und berichtet über die Haltung der Partei, "die zwar für den Sturz Saddam Husseins eintrat, dafür aber nicht mit der US-Armee zusammenarbeiten wollte". Er berichtet: "Mehrere Parteilokale und Funktionäre der Partei wurden seit April 2003 von radikalislamistischen und baathistischen Terroristen angegriffen. Mehrere Aktivisten der Partei kamen dabei ums Leben". Wir erfahren nicht nur von den Verfolgungen der schiitischen Bevölkerung im Süden sondern auch von der Vernichtung der südirakischen Sumpfgebiete und ihrer Bewohner. Auch die 2600 Jahre jüdische Geschichte im Irak sowie das Schicksal irakischer Juden in Israel werden thematisiert.

Die genozidale Verfolgung der Kurden, der Yezidi (die seit 1400 Jahren gegen die Verleumdung sogenannte "Teufelsanbeter" zu sein ankämpfen) und der Assyrer wird kenntnisreich dokumentiert. Und last but not least, zwei Artikel beschäftigen sich mit der Lage der Frauen unter dem Baath-Regime, wie man sie zu "Heldenmütter, Sexsklavinnen und Anfal-Witwen" machte.

Im 2. Kapitel "Die USA, Europa, der Irak und der Krieg" werden "Nationalsozialismus und arabischer Nationalismus im Irak", "Weshalb führten die USA den 'Krieg gegen den Terror', die Rolle der UNO im Irak, "Wie die europäische Wirtschaft am Baath-Regime verdiente" , "Die Liebe zu schnauzbärtigen antisemitischen Diktatoren", der "rechtsextreme Flügel der jüngsten Anti-Kriegsbewegung" und die "edlen Seelen" Österreichs und der Irakkrieg beleuchtet. Da erklärt sich der ehemalige CSU-Europaparlamentarier Otto Habsburg die US-amerikanische Irak Politik mit der Tatsache, dass im Pentagon "die Schlüsselpositionen mit Juden besetzt sind" und dieses "heute eine jüdische Institution" (Zur Zeit, Nr. 46/02) sei.

Unmittelbar vor der alliierten Invasion enthüllte der damalige FPÖ-Eurpaparlamentarier Hans Kronberger in Zur Zeit, um was es bei den Kriegsplänen eigentlich geht, nämlich "um die Umwandlung des gesamten Vorderen und Mittleren Ostens in ein amerikanisch-israelisches Protektorat (Nr.7-8/03) In derselben Ausgabe kommt der katholische Fundamentalist Friedrich Romig zu folgendem Schluß: "Das Problem im Nahen Osten ist nicht Saddam Hussein, sonder das sind Bush und seine israelischen Freunde, die ihn und seine 'Allianz' am Gängelband führen." Nicht nur, dass wieder mal die Juden die USA unter ihren maßgeblichen Einfluss gebracht haben sollen, sie würden auch noch immer an ihren Weltherrschaftsplänen festhalten: "Gemeinsam wollen sie die übrige Welt in ihre Kolonie verwandeln." (Ebenda)

Ziel der Friedensbewegung war Frieden um jeden Preis. Während die einen mehr oder weniger offen ihre Sympathie für das "antiimperialistische Idol" Saddam Hussein ausdrückten und den USA ein "zweites Vietnam" wünschten, "demonstrierten viele andere einfach für Frieden, weil sie ihre Ruhe haben wollten – Ruhe vor den realen gesellschaftliche Verhältnissen, die sowohl in Europa als auch im Nahen Osten alles andere als friedlich sind."

Nach dem Ende des Irakkrieges hat auch die österreichische Friedensbewegung gehörig an Mobilisierungskraft eingebüßt. Der größte Teil bleibt einmal mehr resigniert zu Hause, "während die anderen nun teils offen zum Krieg nicht nur gegen die alliierten Truppen, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung aufrufen."

Das Austrian Social Forum (ASF) rief am 20. März 2004 zum "Internationalen Aktionstag gegen Krieg und Besatzung auf, den ein breites Bündnis von Katholiken bis Parteikommunisten unterstützte. Engagierter Redner bei den diversen Kundgebungen gegen Israel und Amerika ist Hannes Swoboda, SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament. Ebenfalls ein wichtiger Bündnispartner der verschiedenen katholischen, gewerkschaftlichen und sozialistischen Gruppen im Umfeld des ASF ist die 'Palästinensische Gemeinde in Österreich'. Deren Vizepräsident George Nicola ist seines Zeichens ein gern gesehener Gast und Vortragender bei rechten Veranstaltungen. Die islamistishen Attentate vom 11.9.2001 hält er für eine Inszenierung der US-Geheimdienste, um den Islam in Misskredit zu bringen. Bei einer Diskussionsveranstaltung im Wiener Haus der Heimat der Volksdeutschen Landsmannschaften mit veranstaltet von der Rechtsaußen-Postille Zur Zeit, behauptete Nicola 2002, auf die Ritualmordlegende anspielend, dass >die Israelis aus Jenin sechs palästinensische Kinder entführt hätten, um diese "vielleicht für bestimmte Taten in Zukunft" zu verwenden. Dass Nicola und die Palästinensische Gemeinde damit bei ihren Bündnispartnern auf keinen Widerspruch stoßen, sagt eigentlich alles über den Zustand dieser Friedensbewegung aus.

Das 3. Kapitel "Der neue Irak" befasst sich mit dem Zusammenbruch des Baath-Regimes, mit Demokratie und Föderalismus, es wird erklärt "warum der Terror im Irak zum Scheitern verurteilt ist". Man kann lesen von der Entstehung einer neuen Frauenbewegung für Gleichberechtigung und Säkularismus. Das Auftreten der Islamisten stellte sich als schwere Belastung für Frauen und ihre Freiheit heraus. Es gibt massive Probleme bezüglich der Sicherheit und das Recht der Frauen auf ihr Leben steht infrage, weil Frauen vergewaltigt, entführt und jederzeit und überall ermordet werden können. Die Besetzungsmächte unternehmen nichts, um diese Verbrechen zu verhindern, denn sie sind für andere Aufgaben zuständig. Trotz all dieser Brutalitäten und Unsicherheiten gibt es ein großes Potential an säkularen und progressiven Bewegungen im Irak. Weiter beschäftigt sich das Buch u.a. auch mit den ökologischen Folgen von Baathismus und Krieg. Hochaktuell ist die Abhandlung über den Irak und seine Nachbarstaaten.

Das 417 Seiten umfassende flüssig geschriebene Buch enthält einen "Historischen Überblick" außerdem finden wir Informationen zum "Übergangsrat, Übergangsregierung und Übergangsverfassung" und eine "Bibliographie". Dieser Sammelband ist allen an Politik interessierten Menschen empfohlen.

hagalil.com 29-11-04











 

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