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Jerusalem:
Der Kampf um die heilige Stadt

Von Thomas Meyer

 
Bernhard Wasserstein, Jerusalem. Der Kampf um die heilige Stadt. 24,90 €, C.H. Beck Verlag, München 2002.

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Am Ende seines gerechten und spannenden Buches über Jerusalem weiß auch der in Glasgow lehrende Historiker Bernhard Wasserstein nicht mehr weiter: "Jerusalem hat bereits so lange darauf gewartet, dass die Diplomatie mit der Realität gleichzieht. Wie viel länger muss es wohl noch warten?" Die Frage ist nicht rhetorisch gemeint, sondern Ausdruck einer Skepsis, die sich in den zusammengetragenen zahlreichen Fakten nur noch deutlicher widerspiegelt.

Ohne Zorn und Eifer hat Wasserstein nicht nur die oft gewaltsame Geschichte Jerusalems nachgezeichnet, sondern auch jeden noch so absurden Friedensvorschlag geprüft und gewogen, wie es nur ein Freund der Menschen tun kann. Seit mehreren hundert Jahren findet Jerusalem im Fadenkreuz dreier Weltreligionen keinen Frieden: Christen, Juden, und Moslems reklamieren gleichermaßen die Stadt als heilige Stätte. Eine unübersehbare Zahl säkularer Gruppen und politischer Heißsporne hat darüber hinaus Anspruch auf Jerusalem erhoben. Damit nicht genug, denn sämtliche europäischen Großmächte haben seit dem 19. Jahrhundert Jerusalem für ihre Pläne im Nahen Osten zu nutzen versucht, nachdem Zweiten Weltkrieg kamen noch die USA hinzu. Liegt ein Fluch über Jerusalem? Nein, Wasserstein kann stets rationale Erklärungen für das allmähliche Entstehen der "Jerusalem-Frage" vorlegen, weil er an der Möglichkeit historischer Objektivität festhält.

In einem "Prolog" über das "himmlische Jerusalem" lässt Wasserstein Vertreter der drei Religionen Revue zu Wort kommen, um allen dreien die Gleichzeitigkeit von Glaubensgewissheiten und mythenreichen Überhöhungen ihrer Ansprüche deutlich vor Augen zu führen. Unter dem Strich bleibt die Einsicht, dass es keineswegs eine Kontinuität von politischen oder Glaubensvorstellungen über Jahrhunderte hindurch gibt, wie es die gläubige Politiker und politische Religionsführer gerne hätten.

In den darauf folgenden zehn Kapiteln entfaltet Wasserstein, einen Dekalog historischer Tatsachen und absurder Geschichten, die immer wieder einer Lösung der "Jerusalem-Frage" im Wege stehen. Kaiser Wilhelm II. war bei seinem operettenhaften Ritt 1898 durch die Jerusalemer Altstadt mit Galauniform nicht der einzige, der sich durch einmalige Präsenz Kredit bei der Bevölkerung verschaffen wollte.

Um die Vorgänge der letzten fünfzig Jahre zu verdeutlichen bezieht Wasserstein vermehrt Statistiken über Bevölkerungswachstum, Zahlen über die Entwicklung der Infrastruktur und Karten über die Siedlungspolitik in Jerusalem heran, denn ab 1950 verkompliziert sich die Situation nochmals: Jerusalem wird die Hauptstadt Israels.

Und im Sechs-Tage-Krieg von 1967 hob Israel die seit dem Sieg im Unabhängigkeitskrieg von 1949 bestehende Teilung Jerusalems in einen israelischen Westteil und einen arabischen Ostteil wieder auf. Eine folgenschwere Entscheidung, denn ab diesem Zeitpunkt besaßen die Moslems einen Zielpunkt für ihre zuvor unkoordinierten Angriffe auf Israel: die Rückeroberung Jerusalems. An den Konflikten der Folgezeit konnte, und wie Wasserstein kritisch anzeigt: wollte, der Jerusalemer Bürgermeister Teddy Kollek nur wenig ändern.

Wasserstein erzählt die Geschichte Jerusalems nie resigniert, auch wenn die im "Epilog" genannten Ideen für die "irdische Stadt", etwa der vatikanische Vorschlag einer "Internationalisierung", von den täglichen Gewaltsamkeiten schneller überholt als bedacht werden. Doch in seine Erzählung um den "Kampf um die Heilige Stadt" hat er einen heimlichen Optimismus integriert, die wohl nur ein Historiker haben kann, der um die "lange Dauer" geschichtlicher Prozesse weiß. Auch Rom habe, so Wasserstein, Italien lange entzweit, doch schließlich ist es zur Ruhe gekommen. Religionskriege sind von besonderer Natur - man muss der menschlichen Vernunft wieder eine Stimme geben.

hagalil.com 30-07-02











 

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