Hamas:
Der islamische Kampf um Palästina
Eine Rezension von Karl Pfeifer
Joseph Croitoru beleuchtet – sich auch auf arabische und hebräische
Quellen stützend – die Geschichte der Hamas, die als palästinensische
Filiale der in Ägypten 1928 gegründeten Muslimbrüder 1987 im Gazastreifen
entstand.
Die von Hassan al Banna 1928 gegründeten ägyptischen Muslimbrüder wurden
– wie der Autor aufzeigt – vom nationalsozialistischen Deutschland
finanziell unterstützt und dabei agierten Mitarbeiter des Mufti al Husseini
als Vermittler, doch die Behauptung, wonach Mufti Amin al Husseini "im
Oktober 1937 von den britischen Mandatsbehörden als Hauptdrahtzieher des
palästinensischen Landes verwiesen worden war" stimmt nicht.
Tatsächlich versteckte dieser sich im Juli 1937 auf dem Tempelberg in
Jerusalem und wie Gudrun Krämer in ihrer Geschichte Palästinas schrieb,
gelang ihm – als Frau verkleidet – die Flucht nach Transjordanien und von
dort nach Libanon.
Tatsächlich haben die Israelischen Behörden gehofft, mit dem Teufel Hamas
den Belzebub Fatah und PLO auszutreiben. Diese Politik half natürlich Hamas
(Bewegung des islamischen Widerstandes), die ihr Programm in der 1988
entstandenen Charta festlegte. Hamas führt einen Krieg nicht nur gegen
Juden, mit denen ihrer Sicht nach kein Kompromiss möglich ist, sondern auch
gegen alle Nichtgläubigen, die pauschal verdammt werden.
Die irreführende Behauptung: "Der Islam gewährt jedem sein Recht und
verbietet den Angriff auf die Rechte der anderen" wird von Croitoru
kritisiert: "Das häufig bemühte Geschichtsbild von der besonderen und
immerwährenden Toleranz des Islam gegenüber nichtislamische Minderheiten ist
ein Mythos, eine Geschichtsklitterung von der besonders islamistische
Bewegungen zur Legitimierung ihrer Herrschaftsansprüche Gebrauch machen."
Hamas hat sich durch soziale Aktivitäten, von denen die Armen
profitieren, viele Sympathien geschaffen und auch diese Seite ihrer
Aktivitäten schildert der Autor: "Wohltätigkeit als Mittel zum Zweck". Doch
in erster Linie ist Hamas eine Terrorbewegung, die zwar taktisch zu einer
Hudna, zu einem Waffenstillstand bereit ist, sich jedoch das Ziel gesetzt
hat, den jüdischen Staat zu liquidieren. Dass sie sich dabei auf die
zaristische Fälschung Die Protokolle der Weisen Zions stützt und den Mythos
von der jüdischen Weltverschwörung propagiert, wird dokumentiert.
Hamas hat – wie wir in den letzten Wochen sehen konnten – erfolgreich
ihren Rivalen, die gemäßigtere Fatah im Gazastreifen besiegt. Hamas sieht im
Kampf gegen die Juden ihr Hauptziel, d.h. sie möchte aus einem nationalen
Kampf einen der Religionen machen. Daher hat sie auch jeden Versuch einer
friedlichen Lösung des Konfliktes durch Selbstmordattentate gegen
israelische Zivilisten und Zivilistinnen d torpediert und dabei wurden von
ihr auch viele Palästinenser getötet.
Es war naiv anzunehmen, dass demokratische Wahlen in einer Gesellschaft,
die zum Teil noch in Stammesstrukturen lebt und der jede demokratische
Tradition fehlt, auch ein für die Gesellschaft positives Ergebnis haben
werden. Hamas hat diesen vom Westen propagierten in den letzten Jahren
spürbaren Trend der "Demokratisierung" ausgenützt und es ist ihr gelungen
auch die Unterstützung vieler säkularer Palästinenser zu erhalten, die sie
in der Hoffnung wählten, der korrupten Fatahführung einen Denkzettel zu
verpassen.
Es war das Versagen der Fatah-Führung, der es in all den Jahren seit Oslo
nicht gelungen ist, stabile Strukturen eines Staates im Werden zu schaffen
und deren abenteuerliche Politik, viele Palästinenser – die bis zur zweiten
Intifada in Israel Arbeit fanden – arm gemacht hat. Diese Armen wurden von
Hamas unterstützt und bedankten sich dafür am Wahltag, der von unbedarften
westlichen Politiker als ein Sieg der Demokratie gefeiert wurde.
Croitoru macht in seinem letzten Kapitel darauf aufmerksam, dass Hamas
sich mit dem Iran verbündet und damit die iranisch-syrische Achse
verlängert. "Der Heilige Krieg gegen Israel [...] könnte bald mit der hoch
entwickelten Waffentechnik der Iraner fortgesetzt werden."
Damit könnte der sowieso konfliktreiche Nahe Osten die Welt in eine
Katastrophe treiben. Westliche Politiker und Meinungsmacher sollten
unbedingt dieses Buch lesen, damit sie verstehen, was Hamas ist und diese
beim Wort nehmen.
Wichtig ist auch der Hinweis, auf den vom "Westen in seinem ganzen Ausmaß
bislang nicht" wahrgenommenen Prozess der Re-Islamisierung der
palästinensischen Gesellschaft.
Der Historiker und Journalist Joseph Croitoru hat weder eine Apologie noch
ein Pamphlet gegen diese Terrorbewegung geschrieben, sondern sich um
Sachlichkeit und ein Maximum an Information bemüht.
Die Machtergreifung der Hamas im Gazastreifen verleiht dem Buch große
Aktualität und es ist zu hoffen, dass bald eine aktualisierte
Taschenbuchausgabe herauskommt.
hagalil.com
24-07-07 |