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Das Zeichen des Bundes in der Kritik

Ein wissenschaftlicher Sammelband zur Debatte um das Kölner Beschneidungs-Urteil…

Am 12. Dezemeber 2012 hat der Bundestag mit großer Mehrheit eine neue Regelung zur Beschneidung verabschiedet. Danach ist die Beschneidung von Jungen bei Juden und Muslimen weiterhin zulässig, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt. Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, reagierte froh und erleichtert, dass nun wieder Rechtssicherheit herrsche und äußerte gleichzeitig die Hoffnung, dass „die häufig unselige Debatte, die das Jahr 2012 geprägt hat“ damit beendet sei.

Diese Hoffnung wurde enttäuscht. Dass die seit Juni in Gefolge des Kölner Urteils, das die Beschneidung als strafbare Körperverletzung wertet, tobende Debatte auch weiterhin spalten wird, zeigt eine aktuelle Umfrage, nach der 70% der Deutschen das neue Gesetz ablehnen. Die repräsentative Umfrage des Instituts Infratest dimap war vom „Facharbeitskreises Beschneidungsbetroffener im Verein MOGiS e.V.“ in Auftrag gegeben worden. Für den Vorsitzenden des Vereins, Christian Bahls, zeigt dieses Ergebnis auch, „dass sich die Kritik am Gesetzentwurf eben nicht aus einem antireligiösen oder gar antisemitischen Reflex speist, sondern dass vielen Menschen die körperliche Unversehrtheit und das Recht des Kindes auf Selbstbestimmung am Herzen liegen.“ Wo auch immer die Motive des Vereins lagen, eine solche Umfrage in Auftrag zu geben, ist es doch erstaunlich wie genau der Vorsitzende über die Beweggründe von 70% der Deutschen Bescheid zu wissen scheint. Ein Blick in die Kommentarspalten unter Artikeln zum Thema lässt diese Aussage in jedem Fall anzweifeln.

Einen Beitrag zur Versachlichung der Debatte möchte ein Sammelband leisten, der soeben im Metropol Verlag erschienen ist. Unter dem Titel „Beschneidung: Das Zeichen des Bundes in der Kritik“ fasst der von Johannes Heil, Prorektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, und Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, herausgegebene Band Beiträge zusammen, die einem Seminar an der Hochschule in Heidelberg entsprungen sind. Beschneidung wird dabei aus unterschiedlichsten Aspekten diskutiert, sowohl kulturwissenschaftliche, als auch juristisch, medizinisch und ethnisch. Gerade der historische Blick zeigt, dass es sowohl innerhalb des Judentums selbst wie auch in den nicht-jüdischen Umgebungsgesellschaften auch in der Vergangenheit immer wieder Debatten um das Warum, vor allem aber das Wie der Beschneidung gab. Die Beiträge belegen dabei auch, dass das Ritual im Laufe der Zeit durchaus Veränderungen aus medizinischen Überlegungen heraus erfahren hat.

Bleibt zu hoffen, dass der Band seinen Lesern Einsichten bringt, wie die Herausgeber anmerken, „die das Kölner Urteil zur Fußnote der Rechtsgeschichte werden lassen“. Wer sich mit dem Thema ernsthaft und vorurteilsfrei auseinandersetzen will, findet hier in jedem Fall äußerst lesenswerte und reflektierte Beiträge. – al

Johannes Heil/Stephan Kramer (Hg.), Beschneidung: Das Zeichen des Bundes in der Kritik. Zur Debatte um das Kölner Urteil, Metropol Verlag 2012, 285 S., Euro 19,00, Bestellen?